Ziele erreichen mit ADHS – warum die Gefühle mitspielen müssen

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Seit Jahren beschäftige ich mit dem Thema ADHS und seinen Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen. Vor ein paar Jahren hatte ich sogar einen Blog zum Thema „ADHS im Berufsleben“. Angeregt durch die Blogparade von Grit Schönherr mit dem Thema „Mit Leidenschaft Ziele erreichen„, geht es in diesem Artikel um das Thema „Zielsetzung bei ADHS“.

Steckbrief ADHS: Was ist ADHS eigentlich?

Was das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (kurz: ADHS) genau ist – darüber streiten sich Betroffene, Ärzte und Wissenschaftlicher immer noch. Ist es eine Krankheit oder zählt es eher in den Bereich der Neurodiversität? Was auch immer der Oberbegriff ist – ADHS ist eine andere Art die Welt um uns herum wahrzunehmen, Eindrücke und Reize zu verarbeiten, mit Gefühlen umzugehen und sich zu motivieren.

Menschen mit ADHS sind häufig die „Zappelphilippe“ und „-philippinen“, diejenigen die scheinbar an kaum etwas wirklich dranbleiben können, diejenigen, die von einem Job zum nächsten springen – Menschen die oft anecken, aber auch viel Empathie zeigen können. Kreative Geister. Macher. Es sind aber auch diejenigen die gedanklich schnell abschweifen, wenn es langweilig wird, wenn es zu kompliziert wird oder wenn es zu sehr um Details geht.

ADHS und seine Auswirkungen auf Betroffene sind sehr vielfältig und können sich von Person zu Person auch stark unterscheiden. Die Fähigkeiten des einen können die Schwächen des anderen sein.

Ziele erreichen mit ADHS – eine Herausforderung für sich

Ziele zu stecken und zu erreichen, ist für jemanden mit ADHS eine enorme Herausforderung. Der Hauptgrund dafür ist schon in der Bezeichnung des Syndroms zu finden: Aufmerksamkeitsdefizit. ADHS stört das gezielte gedankliche Fokussieren auf eine Sache. Die Aufmerksamkeit auf die Angelegenheit zu richten, die jetzt – in diesem Moment – wichtig ist, und dann auch noch über längeren Zeitraum, ist ein enormer Kraftakt und manchmal schier unmöglich. Ganz nach dem Motto: „So, jetzt konzentriere ich mich auf die … oh, ein Einhörnchen… ist ja süß … aber, was fressen die eigentlich? … gleich mal googlen…“ und schon ist die Aufmerksamkeit weg…

Das betrifft natürlich auch das Setzen und Erreichen von Zielen – denn Ziele erfordern Aufmerksamkeit. Immer wieder. Über einen längeren Zeitraum. Allein bei diesem Gedanken, streichen viele ADHSler die Segel. „Ich kann da eh nicht dranbleiben.“ „Das Ziel verliere ich eh bald aus den Augen. Lohnt sich gar nicht anzufangen.“

Wenn du dich in diesen Aussagen wiederfindest, hast du dich schon mal gefragt, warum es doch auch ADHSler* gibt, die Ziele erreichen und in ihrem Leben etwas schaffen? Es gibt ja viele bekannte Persönlichkeiten denen ADHS nachgesagt wird z. B. Albert Einstein. Vielleicht kennst du auch persönlich Menschen die ADHS haben (müssen) und trotzdem etwas aus ihrem Leben machen. Wie schaffen sie das?

Ziele erreichen mit ADHS – mach deine Gefühlswelt zu deinem Verbündeten

Als ADHSler mag man manchmal seine eigenen Gefühle verfluchen, da sie immer wieder dazwischen funken. Man wünscht sich, manche Dinge einfach einmal rational angehen zu können, oder manches emotional nicht so sehr an sich heranzulassen, aber … Pustekuchen. Die Gefühle hauen wieder richtig rein und man wird wieder aus der Bahn geworfen, emotional völlig erschöpft.

Wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihm.

Mache deine Gefühle zu deinem Verbündeten

Es gibt da eine Redewendung, die sehr gut dazu passt: „Wenn du einen Feind nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihm!“. Das kannst du auch mit deinen Gefühlen machen. Deine Emotionen, dein Herzblut, eingepackt in Eifer, Leidenschaft und Begeisterung kannst du nutzen um deine Ziele zu erreichen. Warum? Naja, alles was einen ADHSler langweilt, vergisst er ganz schnell wieder. Das kann man sich einfach nicht merken. Selbst wenn es für andere essentiell wichtig ist. Die Ex-Viva-Moderation Sarah Kuttner, die selbst ADHS hat, macht das in ihrem Video sehr schön deutlich: ADHSler haben kein rationales Gedächtnis, das sich Dinge nach Wichtigkeit merkt, sondern ein emotionales Gedächtnis. Ihr findet das Video hier: ADHS und das Gedächtnis / Vergesslichkeit / emotionales Gedächtnis

Auch das Erreichen von Zielen hat etwas mit dem Gedächtnis zu tun. Man muss sich ja schließlich merken, welches Ziel man sich gesteckt hat.

Wenn wir jetzt das Thema „Ziele erreichen“ mit dem verknüpfen, was wir über das Gedächtnis bei ADHS erfahren haben, dann ist es ganz klar: Deine Ziele müssen dich emotional berühren, du musst leidenschaftlich dafür brennen, dieses Ziel zu erreichen. Wenn das nicht gegeben ist, ist die Chance sehr hoch, dass du Ziel über kurz oder lang wieder aus den Augen verlierst.

Du musst für dein Ziel brennen, wenn du es erreichen willst!

Fazit

Vielleicht ist dir durch diesen Artikel bewusst geworden, warum du deine bisherigen Ziele immer wieder aus den Augen verloren hast. Vielleicht ist dir auch klar geworden, warum es mit manchen Zielen doch geklappt hat: Der Unterschied lag wohl in der Leidenschaft, in der Begeisterung – kurz um: in den Gefühlen, die du mit deinem Ziel verknüpft hast.

Wenn du also dein nächstes Ziel ansteuern willst, achte darauf, dass du auch emotional dabei bist und dich dieses Ziel begeistert und berührt. Dann kannst du es wirklich schaffen!

Wie kann man aber Ziele erreichen, die man erreichen muss, die einen emotional jedoch null komma null berühren? Darüber werde ich in einem der nächsten Artikel schreiben.

3 Kommentare

  1. Lieber René
    ein spannender Beitrag zum Thema „Ziele erreichen“. Menschen mit ADHS müssen also erst recht bei Zielen auf Gefühle und Leidenschaft achten. Hin und wieder musste ich auch schmunzeln, da ich mich so wieder erkannt habe :-).
    Auch ich vergesse immer mal wieder ein Ziel. Da ich viel aufschreibe, entdecke ich manchmal verloren gegangene Ziel und staune dann über meine Ideen…
    Ganz besonders interessant fand ich das mit dem „emotionalen Gedächtnis“. Mir wird mit deinem Text und mit dem Video so einiges klarer…
    Dein Beitrag ist eine echte Bereicherung für meine Blogparade. Danke vielmal.
    Herzliche Grüße
    Grit

    1. Liebe Grit,

      es freut mich sehr, dass dir dieser Artikel so gefällt und dass er eine Bereicherung für deine Blogparade ist. Durch deine Blogparade regst du deine Leser wirklich an, darüber nachzudenken, warum man vielleicht bisher mit der eigenen Zielsetzung immer wieder gescheitert ist und wie man es in Zukunft besser machen kann – nämlich indem man sich Ziele sucht, die man mit Leidenschaft und Herzblut verfolgen kann.

      Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg!

      René

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